FC St. Pauli – die legendären Kiezkicker

Der FC St. Pauli ist weit mehr als ein Fußballverein. Er steht für eine Lebenseinstellung, prägt das Viertel, wird vom Viertel geprägt. Sowohl Spieler als auch Fans tragen das, was sie im Herzen haben, mit ins Stadion – das spürt man als Besucher in dem Augenblick, in dem man das Millerntor-Stadion betritt. Ich durfte für diesen Bericht mit Torwart Philipp Heerwagen und glühenden Pauli-Fans sprechen.

St Pauli Torwart Philipp Heerwagen, mit Soundbox. Dahinter: "Rolli-Werner"
St Pauli Torwart Philipp Heerwagen, mit Soundbox. Dahinter: „Rolli-Werner“

Für Philipp Heerwagen ist der FC St. Pauli ein Mosaikbild mit vielen Steinchen, die das Bild prägen. Zunächst einmal ist da die besondere Nähe zwischen Club und Fans. Unter den Fans sind hartgesottene Fußballfans, aber auch solche, die treu zu jedem Spiel kommen, einfach um die gr0ßartige Atmosphäre im Stadion zu genießen.

Die Herzen fliegen auf St. Pauli

Zur Aussage des Clubs gehört neben dem Sport jede Menge Weltoffenheit, eine politisch linksgerichtete Position und eine klare Absage an Rassismus, Homophonie und Sexismus – eine deutliche Spiegelung des Viertels. Die Fans können den Verein somit mitgestalten, was sich auch in der Fahne zeigt: einst malte nämlich ein Fan namens „Dr. Mabuse“ auf eine Piratenfahne den „St. Pauli“- Schriftzug und gestaltete damit das markante Vereinslogo.

Die St. Pauli-Fahnen prägen den Kiez
Die St. Pauli-Fahnen prägen den Kiez

Heerwagen ist voller Lob für die loyalen Fans: sie unterstützen den Verein in jeder Situation, sind mit ganzem Herzen dabei, feuern an bis zur Heiserkeit, reisen zu Tausenden mit zu Auswärtsspielen, stehen sich gegenseitig mit der Initiative „St. Depri“ bei, verzeihen auch mal Patzer und sind den Gästen gegenüber in den meisten Fällen freundlich gestimmt. Häufiger als in anderen Clubs spielt die politische Einstellung eine Rolle – so bilden sich z.B. viele Fanfreundschaften mit ähnlich linksgerichteten Clubs wie Celtic Glasgow. “ Andererseits erinnert Heerwagen sich auch an Momente, in denen ein „Laut gegen Nazis“-Slogan der Kiezkicker mit Steinwürfen beantwortet wurde.

St. Pauli gegen Homophobie - deutlich geht's nicht
St. Pauli gegen Homophobie – deutlicher geht’s nicht

Für Philipp Heerwagen sind sowohl Fans als auch Team des FC St. Pauli etwas Besonderes – der 34- Jährige mag emotionale Vereine. Viele Spieler, erzählt er, haben ihr Herz an St. Pauli verloren, auch wenn sie weitergezogen sind. Heerwagen läuft nach dem Spiel häufig direkt durch die Leute nach Hause, da soll es kein Podest für Spieler geben, sondern lieber ein gemeinsames Astra im Clubhaus.

Clubraum St. Pauli
im Clubraum St. Pauli

Das Millerntor-Stadion trägt sicherlich ebenfalls einen großen Teil zur Kultur des FC St. Pauli bei. So liegt das Stadion inmitten des lebendigen Stadtteils, dessen Namen der FC trägt. Die Spieler fühlen sich hier ähnlich zu Hause wie die Fans, Heerwagen wohnt direkt gegenüber des Stadions und ist stolz, somit zu Hause dieselbe Postleitzahl zu haben wie der Verein.

Sogar die renommierte New York Times hat sich offensichtlich in das Millerntor-Stadion verliebt – insbesondere in das „Piraten-Nest„, die stadionsinterne Kita. Die „coolste Kita der Welt“ beherbergt 130 Kinder, die mit ihren Eltern alle Spiele miterleben dürfen, die von den Fußballprofis Besuch bekommen, auf einem Dachspielplatz toben und die riesigen  Flächen des Stadions zum Spielen nutzen dürfen. Die glorreiche Kita-Idee stammt übrigens von einem Fan – dem Vorstandsvorsitzenden der Pestalozzi-Stiftung Christian Violka.

Auch die Kunst findet im Heimatstadion des FC St. Pauli im Rahmen der Millerntor-Gallery ein Zuhause. Das jährlich im Sommer stattfindende internationale Kunst-, Musik- und Kulturfestival wird vom FC und der mit dem Verein eng verbundenen Wasserinitiative Viva con Agua organisiert (Philipp Heerwagen war bereits zwei Mal mit Viva can Agua in Äthiopien; der Gründer des gemeinnützigen Wasserprojektes Benjamin Adrion hat ebenfalls beim FC St. Pauli gespielt).

   

Nach dem Abschied von Philipp Heerwagen treffe ich im Clubhaus „Rolli-Werner“ und eine Freundin, die ebenfalls im Rollstuhl sitzt. Die beiden sind Feuer und Flamme für den Verein: „ich bin seit 43 Jahren Fan! Das hier ist meine Heimat, das sage ich als Antifaschist!   Alle haben mir geholfen und mich getragen als mein Rollstuhl kaputt ging. St. Pauli ist meine Familie!“, erzählt „Rolli-Werner“.

glühende Fans
glühende Fans

Nach diesen Erlebnissen bin ich, obwohl ich mit Fußball sonst wenig zu tun habe, völlig fasziniert. Vielleicht geht es mir wie vielen, die sich nie in ein Stadion bewegt haben und dann zum ersten Mal Fangesänge, Leidenschaft und diese einzigartige Atmosphäre miterleben – ich bin gerührt.

Inga aus der Superbude

Nächste Woche geht’S hier im Blog um die Weinstube „Krug“ in St. Pauli!

 

 

 

Kategorien Allgemein Hamburg Kultur Lifestyle
Inga Lankenau

Hallo liebe Gäste! Ich bin Inga und arbeite als freie Künstlerin, Illustratorin, Dozentin und als Bloggerin für die zauberschöne Superbude. Auf unserem Superbude-Blog könnt ihr mehr über unsere neuesten Frühstücksaufstrichsrezepte, unsere Lieblingsorte und -Veranstaltungen und über Hamburgerisches und Superbudiges erfahren.

2 Kommentare zu “FC St. Pauli – die legendären Kiezkicker

  1. RolliWerner

    Dein Artikel trifft den Nagel auf den Kopf

    • Inga Lankenau

      Hallo RolliWerner, das freut mich!! Hast ja dazu beigetragen dass das Feeling mit rüberkommt in diesem Artikel.
      Liebe Grüße aus der Superbude
      Inga

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