Leben und Tod in Regenbogenfarben

Der größte Parkfriedhof der Welt – Hamburgs ungewöhnlichstes Reiseziel

Mit seinen 391 Hektar ist der Friedhof Ohlsdorf der viertgrößte Friedhof der Welt und die größte Ruhestätte Europas. Die Fläche des New Yorker Central Parks kann mit der des Hamburger Parkfriedhofes nicht mithalten; der Reichtum der Tier- und Pflanzenwelt des gleichzeitig gepflegten und verwunschenen Parks ist für einen Friedhof einmalig. Man meint, wenn man durch diesen „Wald der Engel“ streift, dass es hier nicht vornehmlich um den Tod geht – sondern um Stille, Achtsamkeit, um Natur und darum, Zeit für existentielle Fragen zum Leben für sich zu stellen oder zu beantworten. Ich möchte Euch, liebe Gäste der Superbuden, einen Besuch dieses außergewöhnlichen Ortes wärmstens empfehlen…

Viele Hamburger nutzen den Friedhof Ohlsdorf als Naherholungsgebiet. Hier wuchern baumhohe Rhododendren und unzählige Laub- und Nadelhölzer, Uhus sitzen auf Grabsteinen; Rehe, Eichhörnchen, Waschbären, Füchse und Wildgänse leben hier beinahe ungestört und viele Teiche und Haine laden zum Sinnieren über die eigene Endlichkeit ein, die angesichts des vor Leben sprühenden Dickichts, des sonnendurchfluteten Blattwerks und der tausenden Blumen mit einer ungeahnten Leichtigkeit betrachtet werden kann.

Parkfriedhof Ohlsdorf
Parkfriedhof Ohlsdorf

Seit dem Besuch des indischen Varanasi, wo die Menschen sich am Ufer des Ganges von ihren Toten verabschieden, habe ich keinen Ort erlebt, an dem Tod und Leben auf eine derart tief rührende und spirituelle Art miteinander verschmelzen.

Frühling im Herbst
Frühling im Herbst

Der Hamburger Architekt Wilhelm Cordes komponierte 1877 den großen Parkfriedhof nach dem Vorbild englischer Landschaftsgärten. Noch immer ist dieser Ort erfüllt von einer bittersüßen Romantik. Cordes kommentierte sein Werk wie folgt:

„Der Friedhof soll nicht eine Stätte der Toten und der Verwesung sein. Freundlich und lieblich soll alles dem Besucher entgegentreten und dadurch der Ort aus der umgebenden Landschaft herausgehoben und geweiht werden“.

Spaziergänge werden zu Wanderungen
Spaziergänge werden zu Wanderungen

Dieser wunderschöne Geniestreich, der dem Tod voller Leben begegnet, zieht jedes Jahr etwa 1,2 Millionen Besucher aus Hamburg und der Welt an. Hier begegnet man Menschen, die jeden Tag ein Grab besuchen und denen, die Entspannung in der friedlichen Atmosphäre finden. Die Polizei ist hier zu Pferd unterwegs und dient vornehmlich zum klönschnacken. Viele Besucher kommen, um die Gräber von Berühmtheiten zu sehen; in Ohlsdorf liegen zwischen Begonien, Lobelien und Geranien  Künstler wie Philipp Otto Runge, Altkanzler Helmut Schmidt samt Gattin Loki, der Komiker Heinz Erhardt, Tierpark-Gründer Carl Hagenbeck, der Nachkriegsliterat Wolfgang Borchert und die Edelhure Domenica Niehoff begraben.

Schmidts Grab – sympathisch unscheinbar
Schmidts Grab – sympathisch unscheinbar

Während einer Wanderung über den Friedhof – denn es ist wahrlich eher eine Wanderung als ein Spaziergang – solltet Ihr auf die Karten achten oder Euch eine kleine Karte bei der Information holen, denn man kann sich schnell verlaufen. Glücklicherweise ist es auch möglich, das Gelände per Bus, Fahrrad oder Auto zu erkunden. Wer eine Führung über den Friedhof mitmachen möchte, kann aus verschiedenen Themengebieten wählen: der NABU bietet eine ornithologische Führung an, es gibt Märchenspaziergänge und eine ganze Liste weiterer Führungen. Auf der Seite des Förderkreises Ohlsdorfer Friedhof findet Ihr unter anderem Führungen während der Rhododendronblüte Anfang Juni, Herbstspaziergänge und historische Führungen zu besonderen Grabstätten oder Kriegsdenkmälern. Während der Führungen kann der staunende Besucher viele weitere Eigenheiten dieses besonderen Ortes kennenlernen – zum Beispiel, dass die Kieswege aus wiederverwerteten, zermahlenen Grabsteinen verfallener Gräber bestehen; dass es einen Garten der Frauen gibt, der für die oft fehlende Ehrung verstorbener Frauen eintritt; oder dass die blühende Parklandschaft inklusive Rosengarten vollständig ohne Pestizide gepflegt wird, um den Artenreichtum zu erhalten.

Mann kann sagen: der Friedhof Ohlsdorf ist ein außergewöhnlich ruhiger und gleichzeitig lebendiger Ort, der Eurem Urlaub in Hamburg neben Parties, Clubs und Kneipen eine Prise Besinnlichkeit und eine tiefe Erholung schenken kann.

Ein ungewöhnlicher Ort für pure Idylle
Ein ungewöhnlicher Ort für pure Idylle

Ich hoffe, dass ich Euch hier einen weiteren, ungewöhnlichen Reisetipp für Hamburg geben konnte – und dass Ihr einen herrlichen Frühling in der Hansestadt erlebt!

Eure Inga aus der Superbude

Nächste Woche gibt’s hier im Blog unseren April-Aufstrich!

 

Kategorien Allgemein Hamburg Kultur Reisen
Inga Lankenau

Hallo liebe Gäste! Ich bin Inga und arbeite als freie Künstlerin, Illustratorin, Dozentin und als Bloggerin für die zauberschöne Superbude. Auf unserem Superbude-Blog könnt ihr mehr über unsere neuesten Frühstücksaufstrichsrezepte, unsere Lieblingsorte und -Veranstaltungen und über Hamburgerisches und Superbudiges erfahren.

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